Rezension zu „Fremde Seele, dunkler Wald“ von Reinhard Kaiser-Mühlecker
Jakob und Alexander
sind Brüder. Aufgewachsen sind sie mit ihrer Schwester auf dem elterlichen Hof
in einem österreichischen Dorf in der Nähe von Wien. Während Alexander beim
Militär im Ausland stationiert ist, bewirtschaftet Jakob den Hof, der kurz vor dem
Zerfall steht.
Alexander ist 30
Jahre alt und arbeitet beim Militär. Aufgrund einer Verletzung ist er auf
Heimaturlaub bei seiner Familie. Eigentlich wollte er Pastor werden und ging
sogar – gegen den Willen der Eltern - auf das Stiftsgymnasium. Doch sein
inniger Wunsch geht nicht in Erfüllung. Er beginnt stattdessen, Medizin in Wien
zu studieren. Dort verliert er sich in Partys und losen Bekanntschaften und
hält es irgendwann nicht mehr aus. Er geht zum Militär und lässt sich ins
Ausland versetzen. Beim Militär findet er eine Gemeinschaft, in der er sich
selber wiedererkennt: Menschen, die nicht so recht etwas mit sich anzufangen
wissen, die es bei der Familie nicht aushalten, aber auch das Alleinsein nicht
aushalten. Bei seinem Heimaturlaub wird ihm das wieder ganz bewusst. Mit seinen
Eltern gibt es nichts zu reden und Jakob scheint kein rechtes Interesse mehr an
ihm zu haben. Weil er die Tage fast nur im Wirtshaus verbringt, beschließt
Alexander, früher als geplant, zum Dienst zurückzukehren. Die Zeit bei der
Familie verblasst. Das Campleben und seine Geliebte vertreiben Alexander die
Zeit. Doch mit dem Winter und dem Ende seiner Liaison kommen Langeweile und
Schwermut auf. Er wechselt ins Verteidigungsministerium nach Wien, wo er bald
eine Affäre mit der Frau seines Brigadiers beginnt. Was als eine belanglose
Affäre beginnt, wird für Alexander zu einer großen Herausforderung.
Jakob ist 15 und
arbeitet nach seinem Hauptschulabschluss auf dem elterlichen Hof. Der Vater
muss Stück für Stück den Hof verkaufen und lässt Jakob mit der Arbeit alleine,
während er immer neuen Verdienstmöglichkeiten hinterherrennt. Früher sah Jakob zu
seinem großen Bruder auf, doch seit Alexander zu Besuch ist, geht ihm dieser
mit seinem „militärischen Gebaren“ und seinen Unternehmungen nur noch auf die
Nerven. Jakob hat keine richtigen Freunde. Aber er trifft sich regelmäßig mit
seinem Schulkameraden Markus, weil sie ineinander sich selbst erkennen.
Außerdem verbringt er viel Zeit bei Nina, obwohl er sie gar nicht richtig mag,
nichts für sie fühlt. Die Arbeit auf dem Hof wird, ob der Verkäufe, immer
weniger und Jakob beginnt, für eine Leasingfirma zu arbeiten. Nina wird
schwanger und sie ziehen zusammen. Jakob ist froh vom zu Grunde gehenden Hof
wegzukommen. Doch nach einiger Zeit hält er es bei Frau und Kind nicht mehr
aus. Mord- und Selbstmordgedanken quälen ihn. So sucht Jakob Hilfe bei Markus.
Doch bevor er diesem von seiner Not erzählen kann, bringt Markus sich um. Nina
und er trennen sich und Jakob erfährt, dass ihr Kind von Markus ist. Als ein
schlimmes Gerücht, Markus‘ Tod betreffend, die Runde macht, wird Jakobs Leben
nicht leichter und er beschließt in die Fußstapfen seines Bruders zu treten.
Die Geschichte der beiden Brüder spielt im Hier und Jetzt.
Doch trotz Handy, Laptop und Krimkrise scheinen die Protagonisten in einer Zeit
zu leben, in der es außer der Arbeit, keine wirkliche Ablenkung zu geben
scheint. Das Leben erhält seine Struktur durch die Jahreszeiten und wird von
Arbeit bestimmt. Und obwohl die Jahreszeiten wechseln, kommt es dem Leser so
vor, als sei es stetig Winter. So schwer lasten die beschriebenen Gefühle von
Melancholie, Depression, Leere und Sinnlosigkeit auf den Brüdern und auf dem
Leser. Ohne auch nur einmal beim Namen genannt zu werden. Die seelische Not,
die die beiden Brüder empfinden, scheint bei Jakob am größten zu sein. Zuerst
kommt er zu der Erkenntnis gar nichts zu fühlen, keine Leidenschaft zu kennen
und nie kennenzulernen. Später wandelt sich dieses Nichts in eine unbändige
Wut, um als Zustand eines innerlichen Zerreißens zu enden. Alexander, der im
Gegensatz zum Bruder schon erwachsen ist, ist in seiner Entwicklung weiter. Er
nimmt die Sinnlosigkeit seines Lebens fast stoisch hin. Die wenigen Stunden
Freizeit, die nach der Arbeit bleiben, vertreibt er sich mit Wein und Lektüre
und sehnsuchtsvollen Gedanken an seine ehemalige Geliebte. Er hat gelernt zu
warten.
Die Sprache des Autors ist schlicht, es gibt keine ausufernden Beschreibungen, die den Blick auf das Wesentliche verstellen. Zuweilen könnte die Handlung des Buches als langweilig beschrieben werden, aber der Leser bleibt mit einem sehr nachhaltigen Eindruck der Gefühle der Protagonisten zurück.
Die Sprache des Autors ist schlicht, es gibt keine ausufernden Beschreibungen, die den Blick auf das Wesentliche verstellen. Zuweilen könnte die Handlung des Buches als langweilig beschrieben werden, aber der Leser bleibt mit einem sehr nachhaltigen Eindruck der Gefühle der Protagonisten zurück.
Fremde Seele, dunkler Wald
Hardcover
Preis: 20 €
Preis: 20 €
ISBN: 978-3-10-002428-2
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