Fuchsia ist fuchsteufelswild
Rotfuchs. Kaz/pixabay.com |
Fuchsia ist
fuchsteufelswild. Der Tag hatte schon furchtbar begonnen. Nachdem sie
aus ihrem Bau gekrochen war, hatte sie sich auf die Jagd gemacht. Sie
saß im hohen Gras und wartete auf Beute. Der Wind raschelte in den
Blättern der Bäume und trug den Geruch einer Feldmaus zu Fuchsias
Nase. Doch als sie gerade zum Sprung ansetzen wollte, kreischte über
ihr am Himmel ein Adler und die Maus machte sich vom Acker. Fuchsia
trabte wütend zurück in den Wald. Der Adler hatte nicht nur die
Maus verscheucht, sondern auch Fuchsia. Denn sie war eine kleine
Füchsin und konnte deshalb auch zur Beute des Adlers werden. Mit knurrendem Magen
lief sie zwischen den bemoosten Baumstämmen her und steuerte am Ende
des Waldes auf eine Wiese zu, von der sie wusste, dass dort ein
Pflaumenbaum mit reifen Früchten stand. Sie hörte die Wespen
surren. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die reifen Pflaumen
schon vom Baum gefallen waren und nun essbereit auf dem Boden lagen.
Fuchsia wechselte in den schnellen Trab. Sie biss genüsslich in die
erste Pflaume, die sie fand und spuckte sie direkt wieder aus.
„Pfui“! Die ist ja total verdorben und sauer!“ keckerte sie
empört. Und auch alle anderen Pflaumen an denen sie roch, waren
ungenießbar.
Am Abend
So
war der Nachmittag zu Ende gegangen und jetzt als die Sonne langsam
untergeht, ist Fuchsia immer noch wütend. Ihr Magen knurrt so sehr,
dass sie nicht bemerkt, dass sich ihr ein Luchs nähert. Auch Luchse
können jungen oder kleinen Füchsen gefährlich werden. Fuchsia
beschließt sich Luft zu machen. Die Wut drückt so stark in ihr,
dass sie es kaum aushält. Sie sammelt alle Wut aus ihrem Bauch und
bellt so laut sie kann, damit die ganze Wut verschwindet.
„Wow-wow-wow-wooooohhhw!“. Der Luchs,
der nur zwei Meter von Fuchsia entfernt in einem Himbeerstrauch
lauert, bekommt einen riesigen Schreck. Er rennt so schnell er kann
fort. Fuchsia dreht sich um. Sie sieht aber nur die immer noch
wippenden Zweige des Himbeerstrauches. „War da wer?“, fragt sie
mehr sich selbst als jemand anderen. Doch aus dem Strauch kommt keine
Antwort.
Trotz des lauten
Gebells, ist die Wut aus Fuchsias Bauch nicht verschwunden. Sie
scheint sich sogar überall auszubreiten. „Vielleicht hilft
Schlaf“, denkt Fuchsia und läuft zu ihrem Bau zurück. Als sie
dort ankommt, traut sie ihren Augen nicht. Der Eingang zu ihrem Bau
ist verschüttet. Vor Wut rennt Fuchsia blindlings los. Sie rennt und
rennt und rennt. Bis sie über einen Ast stolpert und vor die Pfoten
des weisen Dachs fällt.
Der weise Dachs
„Fuchsia, was ist los?“, fragt der Dachs
besorgt. Fuchsia schüttelt sich Erde vom Fell und steht wieder auf.
„Ich bin so furchtbar wütend, Dachs. Fuchsteufelswild!“,
antwortet Fuchsia. „Aber was ist denn passiert?“ „Meine Beute
ist mir weggelaufen, die Pflaumen waren sauer und der Eingang zu
meinem Fuchsbau ist verschüttet.“ „Aber wegen solcher
Kleinigkeiten, musst du doch nicht so wütend sein“, beschwichtigt
sie der Dachs. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, aber was
soll sonst der Grund sein“, seufzt sie traurig. „Komm mit in
meinen Bau. Ich werde dich dort untersuchen“, schlägt der weise
Dachs vor. Fuchsia drängt die
Wut beiseite und folgt dem Dachs in seinen gemütlichen Bau. Fuchsia
legt sich in eine Mulde aus Moos und der Dachs hört ihren Bauch ab.
Denn Fuchsia hat ihm gesagt, dass die Wut dort am schlimmsten ist.
Der Dachs hört ganz genau hin. Als er fertig ist, streichelt er
Fuchsias Bauch und erklärt ihr: „Die Wut in deinem Bauch kommt von
einem Fuchsbandwurm. Der wütet in dir und verursacht deine Wut.
Nicht die kleinen Missgeschicke sind es gewesen, sondern der kleine
Übeltäter in dir.“ Fuchsia ist erleichtert, dass sie weiß woher
die schlimme Wut in ihr kommt. Aber sie hat auch Angst wegen des
Wurms. „Was kann man denn gegen den Wurm machen?“, fragt sie den
Dachs. Zum Glück ist der Dachs schlau und kennt sich mit vielen
Krankheiten aus. „Ich habe hier eine Kräutermixtur für dich. Die
trinkst du gleich und dann schläfst du. Und wenn du morgen wieder
aufwachst, ist deine Wut bestimmt verschwunden“. Fuchsia wälzt
sich noch eine zeitlang unruhig hin und her bis sie endlich
einschläft.
Der Wurm ist fort
Am nächsten Morgen
schlägt Fuchsia die Augen auf. Sie schaut im Bau umher, kann den
Dachs aber nicht entdecken. Sie hört in sich hinein. In ihrem Bauch
ist es ganz ruhig. Die Wut scheint verschwunden zu sein. Sie steckt
den Kopf aus dem Bau und sieht den Dachs. Er sitzt auf der Wiese und
hat Frühstück gemacht. Fuchsia läuft zu ihm hin und setzt sich.
Der Dachs hat süße Pflaumen gesammelt, die sie jetzt zusammen
essen. „Deinen Bau habe ich auch freigeräumt“, erzählt der
Dachs. „Und was macht deine Wut, Fuchsia?“ fragt er. „Die ist
verschwunden“, ruft Fuchsia freudestrahlend. Genüsslich
frühstücken die beiden weiter. Fuchsia ist dank des Dachses nicht
mehr fuchsteufelswild, sondern geradezu fuchsengelsruhig.