Rezension
Cay Rademacher: Mörderischer Mistral
Der Mistral kann zur tödlichen Gefahr
werden, wenn er dem Boden Feuchtigkeit entzieht und dadurch, vor
allem in der Provence, die Waldbrandgefahr erhöht. Im ersten
Provence-Krimi des Journalisten und Autors Cay Rademacher wird der
Mistral zwar gefährlich, doch der Mörder ist er nicht.
Foto: LSC/pixabay.com |
Der Duft von Lavendel und Thymian, eine
historische Ölmühle, zirpende Zikaden. Es könnte so schön sein in
der Provence, wenn Capitaine Roger Blanc nicht zwangsweise dorthin
versetzt worden wäre. Mit seinen 'Pariser' Augen sieht er jedoch nur
einen Haufen alter Steine inmitten einer Gegend, deren heiße
Temperaturen nicht zum Aushalten sind. Hochgewachsen und blass passt
er so gar nicht in diese Umgebung, mit ihren von der Sonne braun
gegerbten Bewohnern, die alles etwas gemütlicher angehen. In der
französischen Hauptstadt ist er als Ermittler erfolgreich gegen
Korruption vorgegangen. Bei seinem letzten Fall wurde ihm dieser
Erfolg allerdings zum Verhängnis. In die Einöde versetzt und von
seiner Frau verlassen, ist der Kommissar, der mit seinen erwachsenen
Kindern nur noch über Facebook Kontakt hat, mehr als deprimiert, als
er in seiner neuen 'Heimat', dem kleinen Ort Gadet ankommt. Nach der
ersten Nacht in seinem neuen Zuhause, das er von einem Onkel geerbt
hat, wacht er gerädert auf. Ein Schlafsack auf einem alten
Bettgestell ist schließlich nicht zu vergleichen mit seinem weichen
Bett in Paris.
Auf der Polizeistation wird er zumeist
von müden Augen begrüßt. Eine Ausnahme bildet sein neuer
Vorgesetzter: Commandant Nicolas Nkoulou. Schon die erste
Begegnung vermittelt Blanc mit wem er es zu tun hat – mit einem
Paragrafenreiter, der ganz nach oben will. Als Blanc den Kollegen
Marius vorgestellt bekommt, scheint der provenzalische Albtraum
perfekt: Ein untersetzter Mitte 50-Jähriger, der aus allen Poren
nach Wein stinkt, ist sein neuer Partner. Einziger Lichtblick ist die
junge Computerspezialistin Fabienne, deren wacher und neugieriger
Blick nicht so wirklich in das schläfrige Umfeld passt. Um das neue
'Dreamteam' der Polizei zu beschäftigen, weist Nkoulou ihnen einen
Mordfall auf der hiesigen Müllkippe zu. Ein Mann wurde mit einer
Kalaschnikow erschossen und anschließend verbrannt. Jeder hier aus
der Gegend weiß was das bedeutet: eine Abrechnung unter
Drogendealern aus Marseille. Nach der Begutachtung des Tatorts würden
der neue Capitaine und Marius den Fall an die Kollegen in Marseille
abgeben und den Rest des Tages an einem schattigen Plätzchen mit
einem Glas Wein verbringen. Zu Marius' Bedauern kommt es anders. Von
der verbrannten Leiche ist nicht mehr viel zu erkennen, doch die
goldene Kette des Toten verrät Marius um wen es sich bei dem Opfer
handelt: einen Einheimischen, dem Marius schon lange auf den
kriminellen Fersen ist.
Anstelle einen Routinefall an Marseille
abgeben zu können, muss sich das neue Ermittlerduo beweisen. Während
sich Roger Blanc direkt an die Arbeit macht, zögert Marius. Ein
Vorfall vor etlichen Jahren, in dem das jetzige Opfer der Täter war,
macht Marius immer noch zu schaffen. Er konnte dem Täter nie etwas
nachweisen. Eine Niederlage, die sein Selbstvertrauen zerstörte und
seine Liebe zum Roséwein (auch im Dienst) erwachen ließ. Bei ihren
Ermittlungen statten Roger und Marius einigen Bewohnern der Gegend,
die Kontakt zum Opfer hatten, einen Besuch ab. Selbst lokale Größen
müssen sie in ihre Ermittlungen einbeziehen. Doch außer der
Tatsache, dass niemand den Ermordeten leiden konnte, finden sie nicht
viel heraus. Dazu kommt, dass der Capitaine oft auf sich alleine
gestellt ist, weil Marius nur unregelmäßig und wenn, dann
vollkommen derangiert, auf dem Präsidium aufkreuzt. Ein zweiter
Todesfall bringt noch mehr Verwirrung in die polizeilichen
Recherchen. Als Blanc im Laufe des Falls auf die zuständige
Untersuchungsrichterin Aveline Vialaron-Allègre trifft, scheinen die
Verstrickungen vollends undurchdringbar: sie ist die Frau des
Politikers, der Blancs Versetzung veranlasst hat. Zum Ende der
Geschichte kommt dann auch der berüchtigte Mistral auf. Und dieser
weht Capitaine Roger Blanc auch den Täter vor die Nase.
Fazit: Französische Krimis - ihre Titel
klingen ähnlich, ihre Fälle unterscheiden sich, und auch die
Landschaften in denen die Verbrechen begangen werden. In
'Mörderischer Mistral' ist die Provence der Schauplatz zweier
Verbrechen. Dennoch können diese Gräueltaten der Schönheit des
Landes nichts anhaben. Der Kommissar ist, wie viele seiner Kollegen,
eher ein Eigenbrötler. Zum Glück sind auch die anderen Figuren, vor
allem sein Partner Marius, interessant gestaltet und nehmen genug
Raum in der Geschichte ein. Dass auch dieser Kommissar ohne starken
Kaffee vor die Hunde zu gehen scheint und natürlich nicht umhin
kommt mit der attraktivsten Frau um ihn herum eine 'Beziehung'
einzugehen, tut dem Buch allerdings keinen Abbruch. Wer
Frankreich-Krimis mag, dem wird auch dieser Roman gefallen.
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